Kopenhagen/Iserlohn: Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern gibt es immer wieder, im Fußball sorgen sie allwöchentlich für Diskussionen, letztlich gleichen sie sich im Laufe einer Saison aber regelmäßig wieder aus. Anders im Triathlon, denn dort können sie den Erfolg einer gesamten Saison zerstören.

So geschehen am Wochenende beim Ironman Kopenhagen: Frank Nobis vom Iserlohner Triathlon Team hatte sich in der dänischen Hauptstadt mit einer bärenstarken Leistung und Platz 4 seiner Altersklasse in persönlicher Bestzeit sportlich für den Ironman auf Hawaii qualifiziert, eine krasse Fehlententscheidung eines Kampfrichters und die daraus resultierende Zeitstrafe warfen ihn jedoch auf Platz 6 zurück und brachten ihn um seinen Traum der Teilnahme an der im Oktober stattfindenden Weltmeisterschaft.

Nobis KopenhagenBitter enttäuscht zeigte sich der Iserlohner Triathlet, der nun im dritten Jahr um die Qualifikation kämpft und bereits zuvor zweimal knapp gescheitert war. „In Zürich und Frankfurt waren es eigene taktische Fehler bzw. eine Verletzung, damit kann man umgehen, aber wenn man es sportlich eigentlich geschafft hat, ist das nur schwer zu verarbeiten" fasste Nobis seine Enttäuschung zusammen.

Und das Nobis an der Zeitstrafe keine Schuld traf, war eindeutig. Er hatte bereits zu Beginn der Radstrecke beim Überholen eines wesentlich langsameren Teilnehmers die sog. Windschattenbox von 10 mal 2 Metern hinter dessen Fahrrad durchfahren. Tatsächlich ist dies bei einigen kleineren nationalen Wettkämpfen verboten, bei internationalen Ironman-Wettbewerben aufgrund der hohen Anzahl von Teilnehmern nach dem Regelwerk aber zum Überholen anderer Teilnehmer ausdrücklich erlaubt. Diese internationale Vorschrift war dem örtlichen Kampfrichter aber offenbar nicht bekannt, so dass Nobis auch die anschließende Diskussion mit dem Schiri nichts mehr half. „Da eine solche Strafe als sog. Tatsachenentscheidung gilt, wäre auch ein späterer Einspruch aussichtslos gewesen, als Anwalt habe ich das nach dem Rennen natürlich sofort geprüft" erläuterte der Iserlohner.

Nach dieser bitteren Strafe entwickelte sich für Nobis das weitere Rennen zu einem wahren Wechselbad der Gefühle, denn aufgrund seiner vorangegangenen Bestleistung beim Schwimmen in der Amager-Lagune (1:07:25) und der dann trotz der Strafe ebenfalls in persönlicher Bestzeit absolvierten 180 Radkilometer (4:58:16, die unberechtigte Zeitstrafe schon eingerechnet), lag er weiter gut im Rennen und war fast erstaunt, als ihm zu Beginn der Laufstrecke seine Frau – der ein Bekannter via Handy stets die aktuellen Zwischenstände des Live-Tickers durchgab – mitteilte, dass er auf Platz 1 liege, allerdings dicht gefolgt von einigen schnellen Läufern. „Ich bin den Marathon deshalb gerannt und habe mich gequält, wie noch in keinem Ironman zuvor. Ich konnte nicht mehr, hatte Seitenstechen und ab km 38 sogar Krämpfe im Oberschenkel, aber keine Zeit, sie rauszudehnen" beschrieb Nobis seine Strapazen im Kampf um die Plätze 1 bis 4, die zur Teilnahme auf Hawaii berechtigt hätten. Und so blieb es während des gesamten Marathons weiter spannend, mehrfach kam es zu Positionswechseln, der Live-Ticker zeigte Nobis stets auf den Positionen 1-5. Als er dann am Ende des Marathonlaufs (3:49:48) in den Zielkanal einlief und der Stadionsprecher ihn mit einer Zeit von 10:00:38 als Drittplatzierten seiner einer Altersklasse verkündete, schien die Qualifikation trotz Zeitstrafe erreicht. Doch die Freude kam zu früh, die Dramaturgie des Tages nahm weiter ihren Lauf. Denn einige weitere schnelle Athleten seiner Alterklasse waren nicht wie erwartet in der sog. „Sub10-Welle", sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt ins Rennen gestartet und tauchten erst nach und nach in der Ergebnisliste auf, so dass Nobis am Ende doch noch wieder aus den Qualifikationsplätzen auf Platz 6 zurückfiel. „Ich bin fast verrückt geworden, als ich am Abend die endgültige Ergebnisliste gesehen habe", beschrieb der ITTer die erlittene Gefühlsachterbahn, denn ohne die unberechtigte Zeitstrafe hätte er trotz allem mit 9:52 Stunden dem notwendigen 4. Platz erreicht. „Jetzt werde ich mir das Hawaii-Rennen wieder einmal im Fernsehen anschauen müssen" zeigte Nobis Galgenhumor.

Ob und wann der 50-jährige einen neuen Qualifikationsversuch starten wird, ist derzeit noch offen. Denn der dafür zu betreibende Aufwand ist hoch und gleicht fast dem Leben eines Profisportlers. „Das ist auf Dauer mit Familie und Beruf nicht zu vereinbaren. Ich habe meiner Frau deshalb versprochen, zumindest im nächsten Jahr erstmal bei keiner Langdistanz zu starten."