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Iserlohn. Für Zuschauer ist es wohl ein seltsam anmutendes Bild, wenn die Fähre von Bensersiel zur Insel Langeoog ablegt und sich an Bord ausschließlich Damen und Herren in Neoprenanzügen tummeln. Aber sie alle haben kein Rückfahrticket gebucht, denn es ist Wettkampfzeit: Das traditionelle Nordseeschwimmen von der Insel zurück ans Festland.

Bei der 24. Auflage machten angesichts der Wassertemperatur von nur 15 Grad etliche der gemeldeten Teilnehmer einen Rückzieher, aber zu den gut 200 Langstreckenschwimmern, die sich der Herausforderung stellten, gehörte auch der Iserlohner Stefan Grote vom ITT. 10,6 Kilometer lagen vor ihm, als nach Verlassen der Fähre der Startschuss ertönte. Wobei diese Distanz theoretischer Natur ist, denn die kürzeste Verbindung schafft niemand. Es kommen locker noch einige Kilometer obendrauf, zumal bei einem Wellengang wie bei der diesjährigen Auflage. Vor dem Start wurde Windstärke vier gemessen.

langeoog grote 2Den 45-jährigen Grote können zehn Kilometer nicht schrecken. Im letzten Jahr bewältigte er schließlich beim 24-Stunden-Schwimmen am Seilersee die Marathondistanz. „Aber ein echtes Problem ist die Orientierung". Das Führungsboot ist nur für die schnell enteilenden Flossenschwimmer eine Hilfe, der große Rest des Feldes kann nur dank der zahlreichen Rettungsboote etwa den Kurs halten. „Man kann jedoch nicht von Boot zu Boot schwimmen, weil die nicht vor Anker liegen und permanent in Bewegung sind", erläutert Grote.

Er räumt unumwunden ein, dass er vor dem Rennen schon etwas Angst hatte, ohne Orientierungshilfe völlig vom Kurs abzukommen. Bei ordentlichem Seegang und ohne Sicht auf das Festland sicher keine unbegründete Sorge. Und als nach etwa sieben Kilometern eine Sandbank erreicht war und eigentlich der Endspurt in Richtung Fahrrinne nach Bensersiel eingeläutet werden sollte, gehörte er zu einer größeren Gruppe, die sich etwas „verschwamm".

Während viele Konkurrenten über die Kälte im Wasser klagten, war das für den Iserlohner kein Problem. Das tägliche Frühschwimmen im Heidebad schließt er mit einer eiskalten Dusche ab, und wer wie er bereits beim „Eisschwimmen" im Januar im Mendener Freibad im Einsatz war, kommt mit 15 Grad Nordsee-Temperatur klar. „Viel schlimmer wäre aufkommende Übelkeit etwa durch zu viel Salzwasserschlucken geworden", so Grote.

Aber Komplikationen dieser Art blieben aus, er hatte - ziemlich ausgepumpt - nach 1:48 Stunden wieder festen Boden unter den Füßen. Der schnellste Barfußschwimmer war nach 1:31 wieder an Land, und diese flotten Zeiten sind nur möglich, weil mit einsetzender Flut vor Langeoog gestartet wird. Aber Zeiten und Platzierungen sind sekundär, es zählt das Ankommen.

Stefan Grote, der bis zu seinem 40. Lebensjahr als Hobby-Eishockeyspieler aktiv war, wird seine Leidenschaft zum Langstreckenschwimmen weiter ausleben. Bei den 24 Stunden am Seilersee ist er selbstverständlich wieder dabei, und die 8000 Meter beim Ultraschwimmen in Münster im September hat er auch fest eingeplant. Nur der nächste Nordsee-Einsatz ist ungewiss. Langeoog - Bensersiel wird nach 24 Jahren wegen des zu hohen Aufwandes eingestellt. Im Gespräch ist nun die Alternative Norddeich - Norderney. „Wenn das realisiert wird, mache ich auf jeden Fall mit", kündigt der Iserlohner an.

Text: IKZ Willy Schweer